Ich weiß noch, dass ich mir in Deutschland immer Schnee zu Weihnachten gewünscht habe, doch nur selten ging auch dies in Erfüllung. So eine Punktlandung ist ein kleines Geschenk. Jetzt ist das schon eine kuriose Situation. Mit Schnee haben wir auf keinen Fall gerechnet, eher mit einem Sonnenbrand. In Uruguay ist zu dieser Zeit herrlich heißer Sommer.
Und ich wäre nicht ich, hätte ich nicht bereits aus Deutschland Vorbereitungen getroffen. Geschenke für die Kinder und einen Hauch von Deko waren auf dem Postweg zu uns. Doch wo bleibt die Post? Was ist mit unseren Kisten, die eigentlich zeitgleich mit uns eintreffen sollten. Tja, der Plan war theoretisch gut, das fand der Zoll auch.
Wisst ihr noch, wie energiesaugend das Packen war und wie wir schlussendlich alles wieder umgepackt und nur die Hälfte verschickt haben? (Wenn nicht, hier findest du den passenden Artikel)
Es waren etwa 10 Kisten, die maximal 31,5 kg wiegen und die Maße 120 cm x 60 cm x 60 cm nicht überschreiten durften. Mehrfach habe ich mich bei DHL erkundigt, welche Bestimmungen wir erfüllen müssen, damit alles reibungslos abläuft.
Na ja. Die Realität war, dass alle Pakete in Uruguay angehalten wurden, mit der Begründung, dass das Gewicht von 20 kg überschritten wurde. Warum dann eine Kiste, die nur 10 Kilogramm wog, auch angehalten wurde, ist mir schleierhaft. Schlussendlich kamen die Kisten erst im neuen Jahr an. Aber erst, nachdem alle bei der Post vor meinen Augen geöffnet wurden. Es wurde deklariert, ob die Gegenstände wirklich zu unserem Hausrat gehören oder nicht. Für einige Sachen wurden Zollgebühren erhoben und auch ein paar amerikanische Scheinchen haben uns vor mehr Bürokratie bewahrt.
Wir bekamen unsere wenigen Habseligkeiten einige Tage später nach Hause gebracht. Die Kisten waren komplett zerfleddert und manches ist kaputtgegangen, doch nicht der Rede wert. Etwas Vertrautes ist in unser Haus eingezogen. Das war ein schönes Gefühl nach Monaten wieder mit eigenen Bettdecken und Kissen zu schlafen, das eigene Besteck zu nutzen und gerade unser Jüngste hat die zahlreichen Bücher vermisst.
Doch zurück zu Weihnachten. Da es so aussah, dass unsere Pakete nicht bis zum schönsten Feiertag des Jahres ankämen, musste ich improvisieren. Einen schicken Baum haben wir auf die Schnelle nicht auftreiben können und auch besinnliche Deko war für mich nicht auffindbar. Im Stadtzentrum stand zwar ein riesiger Weihnachtsbaum, aber viel mehr wies nicht auf die kommenden Festtage hin. Die Sommerhochsaison hatte begonnen und die Touristen füllten die Straßen und Strände. Das ist die Haupteinnahmezeit der Einheimischen. Neben der Saison und den Ferien ist es ziemlich ruhig und einige Geschäfte und Restaurants schließen in dieser Zeit. Doch normale Supermärkte haben eigentlich jeden Tag geöffnet, also auch sonntags und sogar an allen Feiertagen.
Einen Baum hatten wir schließlich trotzdem. Wir haben aus dem angrenzenden Wald einen riesigen Kiefernzweig abgesägt, auf unserer Veranda neben dem Planschbecken platziert und mit ein paar extra Zapfen dekoriert. Etwas mager und unspektakulär, aber so war es. Und anders sollte es auch nicht sein. Schließlich sind wir hier, um die Dinge anders zu machen, nicht um das Alte und Bekannte nur an einen anderen Ort zu verlagern. Für uns hat es sich perfekt angefühlt und es war niemand da der seine Meinung dazu äußern konnte. Es ging nur um uns. Die Kinder fanden es klasse, denn wir haben gemeinsam den Ast und die Zapfen zusammengesammelt und gemeinsam beobachtet, wie der Papa die große Kiefer hinaufklettert, um den gewünschten Ast abzusäbeln. Es sind schöne Erinnerungen, für die ich sehr dankbar bin. Es fasziniert mich zudem noch, wie wenig dafür notwendig war.
Auf Geschenke zu Weihnachten haben wir nicht verzichtet, auch wenn die eigentlich geplanten Überraschungen bereits eingepackt bei der Post gelagert waren. Mein Großer freute sich schon sehr auf die Bescherung. Das wusste er mit seinen vier Jahren längst: An Weihnachten gibt es Geschenke! Diese Freude wollten wir den Kindern natürlich nicht nehmen, auch wenn unser Plan ist, den Konsum einzuschränken.
Während eines Einkaufstrips haben mein Mann und ich gemeinsam sinnvolle Geschenke für unsere Kinder ausgesucht und mein Mann hat sie dann abends, als die Kinder schon ins Bett mussten, gekauft und im Schuppen deponiert. Gut, dass es auch im Sommer relativ früh dunkel wird. Das muss bestimmt lustig ausgesehen haben, wie er die ganze Strecke mit einem Kinderfahrrad und einem Dreirad entlangspaziert. Was man als Eltern nicht alles macht …
Auch die Kinder mussten bei der Auswanderung fast alles zurücklassen. Für die Jüngste war das gar nicht schlimm. Sie war gerade erst zwei. Aber unser Großer hatte schon einigen Spielsachen nachgetrauert, die er abgeben musste, auch sein neues Fahrrad in Deutschland. Richtig fix hat er hier im Sommer Fahrradfahren gelernt und bis jetzt ist das eine super Beschäftigung.
Unsere kleine Weihnachtsfeier wurde zu einem BBQ. Es war ein schöner, entspannter Tag. Wir haben den heißen Sommertag im Garten genossen, gegrillt und via WhatsApp die Familie angerufen. Das war schon komisch. Zwar haben wir nicht zum ersten Mal Weihnachten im Ausland gefeiert, aber zum ersten Mal ist das Ausland unsere Heimat. Alle anderen sind ein Ozean weit entfernt von uns.
Ja, in meinem Inneren habe ich mich nach einer Gemeinschaft gesehnt; nach Menschen, die in dieselbe Richtung blicken. Ich kam mir schon in unserer alten Gemeinschaft fehl am Platz vor. Nicht immer habe ich es ausgesprochen, aber es so gefühlt. Ein wenig hatte ich mich auch mit der Tatsache abgefunden, dass wir solche Menschen auch hier nicht finden werden, sondern mehr unter uns bleiben. Unser Ding machen. Das tun, was sich für uns richtig und gut anfühlt.
Allein Weihnachten ist doch das Fest der Liebe, nicht das Fest des Konsums. Doch hat sich früher alles nur darum gedreht. Die Kinder sind in Geschenken versunken, und nach wenigen Momenten war die Euphorie auch schon vorbei. Wofür der ganze Stress? Um die Wirtschaft anzukurbeln? Um andere Menschen zu beeindrucken, sich zu übertrumpfen oder ein Stück Erfüllung zu erhaschen?
Geht das auch anders? Brauchen wir so viele Dinge, um glücklich zu sein?
Das habe ich früher wirklich gedacht. Aber glaubt mir, ich bin derzeit glücklicher, als ich es jemals war, und ich besitze nur einen Bruchteil. Die Dinge, die ich besitze, erfüllen auch seinen Zweck. Um andere Gegenstände unterzubringen, ist schlichtweg kein Geld oder Platz da. Daher werden nur Dinge angeschafft, die wirklich benötigt werden und sinnvoll sind. Somit gab es auch für die Kinder zu Weihnachten nur ein Geschenk, welches sie aktiv im Alltag benutzen werden. Die Freude ist dadurch nicht weniger, sondern überraschenderweise größer!
Mit der Zeit kam die Dankbarkeit zurück in unser Leben. Es ist ein großer Prozess des Umdenkens. Wir sehen nicht mehr alles als selbstverständlich. Auf viele Dinge mussten wir verzichten, doch im Endeffekt brauchen wir die meisten überhaupt nicht. Daher bin ich auch dafür dankbar, dass ich das lernen durfte.
Mehr im nächsten Artikel.
Schreibe einen Kommentar