Heute öffne ich überflüssigen Dingen die Tür. „Ihr könnt gehen! Ihr seid frei!“
Speziell geht es um Hygieneprodukte. Begonnen hat der Umbruch in meinem Kopf mit der Geburt meines Sohnes. Das ist etwa fünfeinhalb Jahre her. Ich wollte meinen wahren Körpergeruch nicht mit Parfüms und Duftstoffen überdecken. Da ich ihn gestillt habe und wir unentwegt in engem Körperkontakt zueinanderstanden, wurde das zur Notwendigkeit. Es ist unnötig, einem Säugling Chemikalien auszusetzen, die nicht nur Kindern schaden, sondern uns allen.
Da stand ich nun in meinem Badezimmer und betrachtete die zahlreichen Hygieneprodukte: Shampoos in den unterschiedlichsten Ausfertigungen, Spülungen, Haarkuren, Trockenshampoo, Hitzeschutzsprays, Öle, Spraykuren, Peelings, Gesichtswasser, Pickelcremes, Reinigungsgels, Duschgels mit allen Gerüchen, die der Amazonas zu bieten hat, Parfüms, Lotionen, Körperbutter, Bodymilk, Lippenpflegestifte, Balsams …
Mit dem ganzen Bestand an Produkten hätte ich ein ganzes Dorf über Jahre versorgen können. Doch hätte ich ihnen damit etwas Gutes getan? Brauche ich diese ganzen Produkte, um sauber und gepflegt zu sein, oder machen andere mit meinem Bedürfnis nur Kohle?
Geht das auch anders?
Denn im Ernst, die Menschen waschen sich doch bereits seit Anbeginn. Da gab es keine Shampoos und Kuren. Ist es nicht möglich das Wissen was mir heute haben mit der Einfachheit der Vergangenheit zu kombinieren?
So habe ich mich durch das Internet gewühlt und durchprobiert. Da gibt es einiges, doch in meinen Alltag habe ich zunächst zwei simple Dinge umgesetzt: Duschgel und allerlei Cremes.
Anstatt Duschgel nutze ich einfache Kernseife und als Creme, Kokosöl. Kokosöl schmeckt nicht nur klasse, sondern ist in der Hygiene unfassbar genial und vielseitig, sogar als Zahnpasta kannst du es nutzen.
Fun-Fakt: Meine Katze liebt Kokosöl. Nach dem Einkremen lässt sie mich nicht mehr in Ruhe. Ich werde regelrecht bedrängt, weil sie mich abschlecken will :-D.
Dieses Öl riecht nicht nur gut, sondern ist auch gesund. Es wirkt entzündungshemmend, antibakteriell, antiviral, antiseptisch …
Als ich das las, dachte ich nur: Klasse Allrounder. Da kann ich nichts falsch machen. Nur als Make-up-Basis ist es zu ölig, doch wenn man sich eincremt und sich erst eine Weile später schminkt, funktioniert es doch.
Mit der Zeit kamen immer mehr Produkte in den Müll. Wenn ich bedenke, wie viel Geld ich jedes Mal bei DM gelassen habe, obwohl ich nur eine Kleinigkeit besorgen wollte. Ein Mysterium. Gut, dass hier in Uruguay gerade die Hygieneprodukte unfassbar teuer sind. So komme ich nicht mehr in Versuchung.
Das Ersetzen des Shampoos fiel mir zugegebenermaßen ziemlich schwer. Ich habe einige Rezepte ausprobiert, um mein eigenes Shampoo herzustellen. Einige davon waren mir zu komplex und andere waren unpraktisch oder nicht für meine Haare geeignet. Mehrfach habe ich auch hierfür normale Kernseife ausprobiert, doch die Rückstände, die in meinen Haaren geblieben sind, konnte ich nicht ertragen.
Was mich hierbei jedoch überrascht, ist, dass ich meinen Kindern nie die Haare anders gewaschen habe. Da kam immer nur Seife dran und sie haben sich danach nie klebrig, schwer oder gar trocken angefühlt. Vielleicht weil sie nicht durch herkömmliche Shampoos belastet waren? Keine Ahnung.
Schlussendlich habe ich eine haarige Lösung gefunden! Natron und Essig! Ohne Spaß! Das klappt super. Sicher musste ich das erst mehrfach ausprobieren, um zu sehen, welche Menge für mich ideal ist und wie es im Alltag praktikabel bleibt.
Kannst du dir gerade nicht vorstellen, wie man sich so die Haare wäscht?
Im Bad habe ich alles parat stehen: ein Gläschen mit Haushaltsessig, eines mit Natron (das gleiche, was man zum Backen benutzt, nicht Waschsoda) und ein großes leeres Bockwurstglas, das ich zum Mischen verwende. Ich stelle mich einfach unter die Dusche und lasse parallel warmes Wasser in das Bockwurstglas einlaufen. Da hinein gebe ich einen Schuss Natron und löse es durch leichtes Schwenken auf. Diese Lösung schütte ich mir dann Stück für Stück nur auf den Haaransatz und massiere es ein. Nach kurzem Einwirken spüle ich alles mit warmem Wasser wieder aus. Zum Ende meiner Duschroutine gebe ich einen Schuss Essig in das Bockwurstglas und fülle es wieder mit Wasser. Danach mache ich die Dusche aus. Diese Essig-Lösung wird auch als Säure-Rinse bezeichnet und wirkt ähnlich wie eine Spülung. Diese Säure-Rinse wird nur über die Haare gegossen und nicht ausgespült.
Und ja, im ersten Moment riecht es nach Essig, aber der Geruch verfliegt schnell. Zum Schluss kommt noch etwas Kokosöl in die Spitzen und schon riecht es wieder herrlich. Ich muss zugeben, die ersten Male waren gewöhnungsbedürftig, doch mittlerweile habe ich für mich eine optimale Routine gefunden. Zudem hat sich meine Haarstruktur verbessert und ich muss sie nicht mehr so häufig waschen.
Und auch im Regal ist viel mehr Platz. So steht bei mir im Bad Kernseife, Kokosöl, ein kleines Glas mit Natron, eines mit Haushaltsessig und das große Bockwurstglas 😉. Recht übersichtlich, oder? Und es riecht trotzdem tropisch durch das Kokosöl, ohne, dass eine Palette an Duftstoffen hinzugefügt wurde.
So viel zu dem: Geht das auch anders? Denn ja, es geht definitiv anders. So toll die ganzen Shampoos und Cremes beworben werden und scheinbar notwendig sein sollen, um hygienisch und wohlriechend zu sein, habe ich ihnen einen Fußtritt aus meinem Regal gegeben.
Schlichtweg bin ich sogar sehr froh, dass ich mich damit bereits vor Jahren beschäftigt habe, denn hier in Uruguay bekommt man zwar auch alle Produktmarken zu kaufen, aber zu welchem Preis? Das sind alles Importartikel und sind dreimal so teuer wie in meiner alten Heimat Deutschland. So war es für mich kein Verlust, den scheinbaren Produktluxus aufzugeben. Es fühlt sich gut an, nicht auf so viel Konsum angewiesen zu sein. Ich rede hier jetzt nicht mehr nur von Shampoo, sondern auch andere Hilfsmittel, die früher en mass im Regal standen. Ich dachte, ich brauche sie, aber das tue ich nicht.
Mehr im nächste Artikel.
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