Blog#10 Wir sind da.

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Endlich.

Nach monatelanger Planung und einer überdurchschnittlich langen Anreise haben wir unsere neue Wahlheimat erreicht. Am 5. Dezember war das Wetter in Uruguay herrlich. Hier schien die Sonne, der Himmel war schön blau, doch es war überraschend windig. Das ließ mein Gemüt nicht trüben, denn wir sind in den Sommer gekommen.

Wie war unser erster Eindruck?

Die Menschen haben mich hier direkt wieder verzaubert, bereits am Kreuzfahrthafen. Das Terminal ähnelt einem Flughafen, nur um einiges kleiner. Am Fließband haben wir auf unsere Koffer gewartet, wo uns bereits ein Angestellter mit einem Gepäckwagen entgegenkam und uns half. Normalerweise bin ich nicht die, die solche Hilfen annimmt, doch an diesem Tag war ich sehr dankbar dafür. Wir hatten so viel Handgepäck zu schleppen und auch unsere Kleinste wollte nur auf dem Arm bleiben.

Weiter ging es dann mit allen Habseligkeiten zum Zoll, um auch alle Bürokratien abzuklären – Safety First! Während mein Mann im Büro der Zollbehörde saß, blieb auch der Mitarbeiter mit dem Gepäckwagen bei uns und half mir, die Kinder bei Laune zu halten. Er machte Wettrennen mit meinem Großen. Die spielenden Kinder störten keinen. Der Zollbeamte lud sogar die Kinder ein, ins Büro zu kommen, wenn sie neugierig sind. So etwas macht der Mutti doch glatt gute Laune.

Anschließend wurden wir von unserem Einwanderungshelfer aus Montevideo abgeholt. Der Zufall hat es gut mit uns gemeint, dass dieser unser direkter Nachbar ist. Die Fahrt dauerte etwa zwei Stunden bis zur schönen Stadt Piriapolis. Beide Städte, Montevideo wie auch Piriapolis, liegen direkt am Atlantik, sodass wir sehr viel am Strand entlanggefahren sind, aber auch über die Autobahn.

Der Ausblick war auf der Autobahn aber nicht uninteressant. Wir konnten viel grüne Landschaft entdecken und entlang der Straße unzählige kleine, in Eigenregie gebaute Häuser sehen. Die Leute sind sehr erfinderisch und bauen mit dem, was sie gerade zur Verfügung haben. Der Standard in Uruguay liegt schon ein gutes Stück unter dem deutschen. Das bezieht sich hier auf die Produktqualität, nicht auf die Lebensqualität.

Hier ist die Zahl fünf des Öfteren mal eine gerade Zahl. Da steht dann gerne mal ein Pferd am Straßenrand, weil eben dort Wiese zum Grasen wächst. Was soll’s. Das ist hier voll normal. Die Quadratmeterpreise sind hier zwar niedriger, das bedeutet aber nicht, dass sich deshalb auch jeder leisten kann, eigenes Land zu kaufen.

Uruguay ist ein kostspieliges Land. Vieles ist bedeutend teurer als in Deutschland. Leider verdienen die Menschen im Schnitt auch bedeutend weniger als in Deutschland. Das Leben ist hart hier. Das konnten wir nicht nur vom ersten Tag an sehen, sondern haben es auch am eigenen Leib zu spüren bekommen. Bei den meisten trübt das jedoch nicht die Lebensfreude und Menschlichkeit. Im Gegenteil-sie genießen anders und helfen sich gegenseitig, egal ob du fließend Spanisch sprichst oder nicht.

Wie verbringst du deinen Feierabend? Auf der Couch liegen und Netflix schauen oder im Internet surfen?

Ich habe häufig beobachtet, wie die Leute ihren Feierabend verbringen. Sie fahren an die Küste, holen ihren Klappstuhl aus dem Auto und stellen ihn direkt an die Promenade oder auch an den Strand und genießen gemeinsam den Sonnenuntergang. Dazu wird kein Bier oder Cocktail, sondern Mate getrunken. Das ist ein Tee, der immer wieder aufgegossen und aus einer Art Strohhalm getrunken wird. Das machen nicht nur die älteren, sondern auch Teenager und alle anderen Altersgruppen. Vereinzelt kommt einem ein Tabakwölkchen mit sehr grasigem Duft entgegen, aber na ja. Sei dir gegönnt.

Das ist doch eine ganz andere Weise zu genießen, oder? Ich konnte mir das vorher gar nicht vorstellen, mich einfach raus zusetzen und nichts zu tun. Nichts tun stand nie auf meinem Plan. Da war einfach kein Platz mehr für nichts. Die Uruguayos können das schon gut. Lernen muss ich das auch noch, denn bis jetzt fällt mir das noch schwer.

Zurück zu unserer Autofahrt. Nach zwei Stunden waren wir nun in Punta Fria, Piriapolis angekommen. Ich war sehr froh, dass der Ozean sich entlang der Route sehr verändert hat. Denn in Montevideo ist das Wasser matsche-braun. Ich war erschrocken, als ich das zuerst gesehen habe. Das entsprach nicht meiner Vorstellung von einem Strandort. Die undelikate Farbe kommt vom Rio de la Plata, der aus dem Inland in den Atlantik mündet. Der ist nun mal braun. In Piriapolis hingegen ist der Ozean wieder wunderschön blau.

Der Anblick ist so unfassbar schön, dass ich mich nach 10 Monaten immer noch nicht sattsehen kann. Und der Duft und alle Geräusche der Natur sind beeindruckend. Wir wohnen weiter außerhalb, in einem Ferienort. Um uns herum stehen überwiegend Ferienhäuser und Wald. Es durftet herrlich nach Eukalyptus, denn hier wachsen unzählige, große und kleine Bäume. Überall schwirren die unterschiedlichsten Vögel herum, von Papagei bis Kolibri, auch Libellenschwärme, Schmetterlinge in allen Größen und Farben, und klar auch Moskitos en mass.

Der erste Eindruck der Natur hat mich richtig geflasht. Alles ist hier irgendwie größer, bunter, vielfältiger, greller, lauter, einfach mehr. Wenn der Himmel nachts nicht von Wolken bedeckt ist, scheint der Mond wie eine Taschenlampe. Wie geht das denn? Selbst die Spinnen sind hier riesig. Da läuft dir nicht selten eine Tarantel über den Weg oder da ist eine 1,70 Meter große Echse im Garten. Das musste ich in den ersten Monaten verdauen.

Das Wetter hat hier auch seine Tücken. Hier scheint eindeutig viel mehr die Sonne als in Deutschland. Der blaue Himmel ist hier mein bester Freund. Doch auch die Gewitter und Regengüsse haben es echt in sich. So auch am ersten Tag unserer Anreise. In der Nacht hatte es wie aus Eimern gegossen und der Boden hat bei einigen Blitzeinschlägen gebebt. Wir sind noch in Sichtweite des Atlantiks und das merkt man. Solche Gewitter wie hier habe ich noch nirgends erlebt. Selbst nicht in Norwegen, wo der Blitz bei uns ins Haus eingeschlagen ist. Sehr respekteinflößend.

Doch etwas Gutes hatte unsere erste stürmische und regnerische Nacht in Uruguay schon: Bei dem stetig prasselnden Regen haben beide Kinder seit Langem die ganze Nacht durchgeschlafen. Eine seltene Erholung und ein toller Start.

Mehr im nächsten Artikel.

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